Die ehemalige Benediktinerabtei Corvey gehörte zu den bedeutendsten und einflussreichsten mittelalterlichen Klöstern nördlich der Alpen. Nachdem Karl der Große in jahrelangen Kriegszügen weite Gebiete des alten Sachsen erobert und christianisiert hatte, gründete er dort Bischofsitze und geistliche Einrichtungen auch als Zeichen der Macht. Sein Sohn Ludwig der Fromme setzte diese Politik fort und rief ein neues Benediktinerkloster ins Leben, dessen Name „Nova Corbeia“ von der Mutterabtei Corbie in Nordfrankreich übernommen wurde – er wurde schließlich zu Corvey. Die erste Klostergründung erfolgte 815 in den unwegsamen Wäldern des Solling. Daher verlegte man die Anlage 822 in der Nähe eines „villa huxori“ genannten Ortes unmittelbar an das Westufer der Weser.
Die zügig aufstrebende Reichsabtei wurde zu einem geistigen Mittelpunkt und brachte Persönlichkeiten wie den Hl. Ansgar, den Apostel des Nordens, und den Chronisten Widukind von Corvey hervor. Zahlreiche Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches machten in Corvey immer wieder Station. Südlich der Klosteranlage entstand eine Stadt mit Weserübergang – gleichzeitig mit dem nur 2 Kilometer entfernten Höxter. Im Jahr 1265 verwüsteten Höxteraner Bürger und Truppen des Bischofs von Paderborn die Stadt Corvey – für die Archäologen ein Glücksfall. Spätmittelalter und Reformationszeit sahen schließlich auch die Abtei im Niedergang.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg kam es in der Barockzeit noch einmal zu einer späten Blüte, nun entstanden die weitläufigen barocken Abteigebäude. Von 1792 bis 1803 (Säkularisation) folgte die kurze Episode als Sitz eines Fürstbischofs. Seit 1840 ist die Anlage in Privatbesitz der Familie von Ratibor.
Im Zentrum des Gebäudekomplexes steht die doppeltürmige Abteikirche St. Stephanus und Vitus. Sie beinhaltet das 873-885 errichtete Westwerk, das einzige erhaltene Beispiel dieser mittelalterlichen Gebäudeform aus der Karolingerzeit. Dieses Baudenkmal und die überragende Bedeutung Corveys während des 9. bis 11. Jahrhundert begründen den Titel als Weltkulturerbe.
Text: Elmar Arnhold
© Hajo Dietz | Aufnahmedatum: 28. August 2017 | Bildnummer: S08280737 | Zugriffe: 6856
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